Berlin, den 2. September 2019: Bisher ist der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) eigentlich nicht als großer Unterstützer der erneuerbaren Energien aufgetreten. Doch jetzt schlägt der Wirtschaftsverband Alarm: Die Ziele der Energiewende werden zunehmend unrealistisch, wenn die Politik nicht handelt, so berichtet die FAZ am 29.8.2019.
Den deutschen Industrie- und Handelskammern ging es beim Thema Strom bislang vor allem um Versorgungssicherheit und möglichst geringe Kosten. Doch nun trommelt der DIHK plötzlich für mehr Tempo beim Ausbau der Windenergie- und Photovoltaikanlagen. Dabei denkt Hauptgeschäftsführer Achim Dercks nicht nur an die Hersteller solcher Anlagen oder an Serviceunternehmen, die im Windsektor tätig sind. Er sorgt sich auch um die Versorgungslage allgemein – besonders im Hinblick auf die geplante Abschaltung von Kern- und Kohlekraftwerken. Schon jetzt müssten etwa Aluhütten von Zeit zu Zeit herunterfahren, um die Netzstabilität zu garantieren.
Ziele, die sich die Bundesregierung für die Erneuerbaren gesteckt hat, werden immer unrealistischer, so rechnet Dercks vor: Um das Ziel zu erreichen, im Jahr 2030 im Strommix einen Anteil von 65 Prozent erneuerbare Energien zu haben, müssten jeden Tag fünf neue Anlagen der 3-Megawatt-Klasse ans Netz gehen. Derzeit ist es lediglich eine Anlage alle zwei Tage. Und auch fünf reichten nur, wenn der Stromverbrauch nicht steige und alle derzeitigen Anlagen bis dahin weiterproduzierten. Beides Voraussetzungen, mit denen nicht zu rechnen ist.
Vielmehr brauche man einen Zubau von Windenergieanlagen an Land von 6,7 Gigawatt pro Jahr bis 2030 – also rechnerisch sogar sechs Anlagen pro Tag. Dass solche Ausbauziele derzeit nicht realisierbar sind, hat verschiedene Gründe: Hemmnisse sind vor allem Klagen gegen Neuplanungen wegen Naturschutzbedenken oder Lärmbelästigung – in vier von zehn Fällen – und Einschränkungen, die die Flugsicherung fordert. Auch der Mindestabstand zu Wohnbebauung erschwere eine Vielzahl von Vorhaben.
Um den Ausbau voranzutreiben müsse die Politik, so Dercks weiter, Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Dazu sei mehr Personal bei Gerichten und Genehmigungsbehörden nötig. Außerdem könnten Anreize für Unternehmen geschaffen werden, mit Photovoltaikanlagen eigenen Strom zu produzieren, indem man sie in diesem Fall von der Ökostromumlage befreit.