Scheingefechte im Klimakampf

Die Frankfurter Allgemeine feiert den dänischen Politologen und Statistiker Björn Lomborg. Dem aber fällt keine andere erfolgreiche Klimaschutzinnovation als das Gas-Fracking ein.

In einem Gastbeitrag, der am 8. Mai 2015 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter dem Titel „Deutschlands gescheiterte Klimapolitik“ erschienen ist, fertigt der dänische Politologe und Statistiker Björn Lomborg die deutsche Klimapolitik ab. Sie sei ineffizient und zu teuer, ein Modell also, das weder den Schwellenländern noch Regionen, in denen etwa die Armutsbekämpfung im Vordergrund stehen müsse, zumutbar sei. Die hätten schlichtweg andere, drängendere Probleme, die gelöst werden müssten.

Solar- und Windenergie attestiert Lomborg, unausgereift zu sein. Die Verwendung von Biomasse führe zu Umweltverschmutzung und zu einer fatalen Verdrängung wie Verteuerung von Nahrungsmitteln. Außerdem verhindere die Subventionspolitik des deutschen Modells technische Innovationen.

Er fordert stattdessen eine Fokussierung auf wirtschaftliche und wirksame Klimaschutztechnologien. Dazu fällt ihm allerdings lediglich das amerikanische Gas-Fracking ein, dessen ökologisch desaströse Folgen und wirtschaftliche Kurzsichtigkeit er jedoch völlig ignoriert. Außerdem müssten Themen wie Hunger, Seuchenbekämpfung, Bildungsmangel und Armut in der Agenda der der Industrieländer weit nach oben gerückt werden. Die jetzige Klimapolitik nennt er hingegen unmoralisch.

Keine Frage, diese Liste ist drängend. Dennoch ist Lomborgs Argumentation kurzschlüssig und nimmt keine Rücksicht auf die Komplexität der Verhältnisse: Der Einsatz von Biomasse-, Wind- und Solarenergie hat noch geringfügige Wirkung auf die Klimaveränderung, entfaltet aber weitreichende technologische Folgen, die die Stromversorgung völlig verändern werden. Die Kosten der Windenergie bewegen sich zudem heute auf dem Niveau neu erbauter Großkraftwerke konventioneller Bauart. Unausgereift?

Das Stromeinspeisegesetz und dessen Nachfolger, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, haben sich zudem offensichtlich als Innovationstreiber erwiesen. Ein Vergleich der Anlagentechnologie 2015 mit der von 2000 zeigt das. Die Studie, auf die sich Lomborg bezieht, hat nachgewiesen methodische Schwächen, die ihre Resultate deutlich verfälscht haben.

Der Einsatz von Biomasse kann – richtig gesteuert – zu geregelten regionalen CO2-Kreisläufen führen, die zugleich die Luftverschmutzung reduzieren. Das setzt in der Tat die Verhinderung etwa der Abholzung von Regenwaldgebieten voraus.

Probleme wie die noch offene Speicherung der schwankenden Einspeisung von Erneuerbaren Energien oder das flexible Netzmanagement haben bereits in der jüngeren Vergangenheit große Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Das bedeutet nicht, dass es hierbei schnelle Lösungen geben wird. Aber das ist auch bei einem solch grundlegenden Umbau des Energieversorgungsystems nicht zu erwarten. Ganz im Gegenteil, für eine effiziente Klimaschutzpolitik sind ebenso Augenmaß und Sachverstand notwendig, wie für notwendige Armutsbekämpfung und der Aufbau flächendeckender Bildungssysteme.

Insgesamt ist die Welt am Ende aber wesentlich komplexer, als sie Lomborg darstellt. Nicht der schnellste und billigste Weg ist der beste, sondern der nachhaltigste. Das schließt eben Kollateralschäden wie die ökologischen Auswirkungen des Frackings mit ein. Blauäugige Klimaaktivisten mag es in der Tat geben, Björn Lomborg kann allerdings nicht helfen, indem er ihnen die Leviten liest. Hilfreicher wäre es, wenn er sauber und sachgemäß argumentieren würde.

Prof. Dr. Walter Delabar