NOTES #10

Power to the people

Oder: Wie Anrainer von Wind- und Solarparks profitieren

Klar, die spenden Geld an die Feuerwehr und zahlen Gewerbesteuer (vielleicht), die Wind- und Solarparks. Und man kann eine Menge Geld in sie investieren, mit Chancen, klar, wenn da keine Risiken wären. Aber wer hat wirklich was von den Erneuerbaren? Die großen Investoren? Das Klima? Die Leute vor Ort?

Da sind wir schon wieder bei Radio Eriwan – es kommt darauf an! Problem ist und bleibt: Windparkbetreiber sind selten vor Ort. Investitionen in Windparks, Genossenschaft hin oder her, brauchen Geld, auf das man verzichten kann. Denn Chancen stehen Risiken gegenüber. Und mit ein paar Spenden an die Feuerwehr oder mit der Gewerbesteuer ist den Leuten vor Ort nicht gedient. Soll heißen: „Was tun, damit’s im Geldbeutel spürbar wird, ohne dass man das Bisschen, was da ist, riskiert?“

Die Stromrechnung ist für viele deutsche Haushalte eine Last. Mit durchschnittlich über 40 Cent pro Kilowattstunde sind die deutschen Strompreise ziemlich hoch. Warum das so ist, ist egal, ändern können wir’s. Am Atomstrom, den’s nicht mehr gibt, liegt es mal nicht. Fakt ist, dass die Erneuerbaren derzeit helfen, die Kosten zu drücken, während die konventionellen Stromressourcen wie Kohle oder Gas Preistreiber sind. Wobei ein Großteil der Kosten eh durch Steuern, Abgaben und Netzkosten entsteht.

Aber nicht erst die Hochpreisphase 2021/22 hat die Konten der Verbraucher arg strapaziert. Wie jüngst durch die Presse ging, steigt die Zahl der Haushalte, die mit der Stromrechnung im Rückstand sind, stark an. Über 4 Millionen Haushalte sind bei den Stromversorgern im Rückstand, das ist etwa jeder zehnte Haushalt in Deutschland. Das ist heftig, und dagegen muss etwas getan werden. Selbst die Senkung der Netzentgelte, die jüngst angekündigt wurde, wird die Privathaushalte nur in geringem Umfang entlasten, auch wenn Kostensenkungen um 2 Cent schon einiges bringen.

Think local, act local.

Genau hier setzt das Konzept des Anrainerstroms an, das die REZ seit mehreren Jahren für einige ihrer Kunden umsetzt. Die Idee ist so einfach wie wirkungsvoll: Anwohner von Wind- und Solarparks erhalten exklusiven Zugang zu vergünstigtem Ökostrom, der quasi vor ihrer Haustür produziert wird. Statt sich über Windräder oder Solarmodule in der Nachbarschaft zu ärgern, profitieren die Menschen direkt von der Energiewende.

In Jacobsdorf bei Frankfurt/Oder beispielsweise sparen Haushalte durch den Anrainerstrom, den die REZ mit ihrem Kunden MLK entwickelt und realisiert hat, jährlich 276 Euro, kinderreiche Familien sogar 336 Euro. Bei einem Projekt nahe Prenzlau sind die Zuschüsse ähnlich hoch. Hier kommt allerdings noch dazu, dass die Anrainer den Anrainertarif, den die REZ betreut, mit dem eines anderen Projektierers und Betreibers kombinieren können. Das lohnt sich dann richtig.

Das Ganze funktioniert ohne Einstiegshürden oder finanzielle Risiken. Anrainer müssen weder viel Geld in die Anlagen investieren noch komplizierte Verträge verstehen. Sie wechseln einfach zu einem bezuschussten Stromtarif und zahlen weniger – Jahr für Jahr. Dabei beziehen sie 100 Prozent Ökostrom.

Bürgerbeteiligung ohne Einstiegshürden

Während andere Beteiligungsmodelle oft kompliziert sind, an die freien Finanzreserven gehen oder Risiken haben, sind Anrainerstromtarife für jeden einfach zugänglich. Keine Gesellschaftsanteile, keine Nachschusspflichten, keine Laufzeitbindungen – nur günstiger Strom –, und der ist auch noch grün. Und dafür muss man eben nur Anrainer sein und ein ganz normales Auftragsformular einreichen. Klar, davon haben nicht nur die Anrainer was: Projektentwickler und Betreiber erhöhen die Akzeptanz ihrer Anlagen, Gemeinden profitieren von der regionalen Wertschöpfung und Anwohner sparen konkret Geld. Anrainerstrom ist dabei besonders niedrigschwellig und transparent. Deshalb sind solche Anrainerstromangebote auch in einige Landesgesetze eingeflossen, bei denen die Betreiber von Wind- und Solarparks in die soziale Beteiligungspflicht genommen werden.

Partnerschaft für mehr Reichweite

Anrainerstrom nutzt dabei nicht nur ihren eigenen Kunden, sondern taugt als Baustein für die gesamte Energiewende. Deshalb bietet die REZ das Konzept nun in Partnerschaft mit naturstrom vor Ort auch anderen Projektierern und Betreibern als Dienstleistung an. Die Idee: Jeder Wind- oder Solarpark kann seinen Nachbarn vergünstigten Strom anbieten, ohne dass der Betreiber selbst zum Energieversorger werden muss.

naturstrom vor Ort übernimmt die Versorgung mit Ökostrom, die REZ steuert ihre Erfahrung bei, kümmert sich um die gesamte Abwicklung samt Angebotsentwicklung und Werbemaßnahmen. Das Ergebnis: Mehr Projekte können Anrainerstrom anbieten, mehr Menschen profitieren von der lokalen Energiewende und die Akzeptanz für Erneuerbare steigt. Die Tarife werden jeweils für den Standort festgelegt, wie auch der jeweilige Betreiber, oder besser die Betreibergruppen, den Zuschuss festlegen können, den sie einsetzen wollen.

Das größere Bild

Anrainerstrom löst nicht alle Probleme. Aber er zeigt, wie Beteiligung an den Erneuerbaren für alle, die sie vor der Nase haben, funktionieren kann: bürgernah, ohne große Hürden. So schaffen Projekte wie der Anrainerstrom bereits heute spürbare Vorteile für die Menschen vor Ort. Die Botschaft ist klar: Energiewende muss sich lohnen – nicht nur für Investoren oder die Industrie, sondern auch für die Bürger, die täglich die Anlagen vor Augen haben. Anrainerstrom macht genau das möglich. Mit einem konkreten Nutzen, der sich auf der Stromrechnung zeigt.