NOTES #10
Kritische Infrastruktur
Neue Umspannwerke braucht das Land. Die REZ hat in den vergangenen beiden Jahren zwei Umspannwerke neu aufgerüstet.
In einer lang vergangenen Zeit – noch in den 1990ern – ging die damalige Umweltkontor AG völlig ungewohnte Wege. Waren Umspannwerke bis dahin schlichtweg Sache der Netzbetreiber gewesen, fing Umweltkontor mit dem Umspannwerk Kehr an, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Am Umspannwerk Kehr in der Eifel waren schließlich 37 Windenergieanlagen unterschiedlichen Typs mit einer Gesamtleistung von etwas mehr als 50 Megawatt angeschlossen. Das Gros der Anlagen wurde von dem damals innovativen Anlagenhersteller DeWind aus Lübeck geliefert, aber auch Anlagen von Nordex und Enercon, NEG Micon (heute Vestas) und GE speisten in das Umspannwerk ein.
Mit dem Jahr 2021 und dem Ende der festen EEG-Vergütung für eine Reihe von Anlagen begann der Umbruch beim Umspannwerk Kehr. Die REZ übernahm gegen Ende 2020 die Betriebsführung und leitete mit einer Reihe von Maßnahmen die Neuaufstellung des Umspannwerks ein. Im ersten Schritt wurde die Messung und damit die Abrechnung der eingespeisten Mengen von einer Gesamtmessung auf Strangmessung umgestellt. Die Umstellung war vor Ende 2020 aus verschiedenen Gründen gescheitert. Nachdem Anfang 2021 aber erkennbar wurde, zu welch deutlichen Verschiebungen das Referenzertragsmodell, das am Umspannwerk zur Geltung kam, führte, wurde der Umbau energisch vorangetrieben. Die schlechte Performance der älteren Anlagen und die deutliche Differenz der Vergütungen führte dazu, dass den Altanlagen mit den geringeren Vergütungen Erträge zugeschrieben wurden, die sie nicht eingespeist hatten. Die Verluste waren enorm.
Ende 2021 wurde die Strangmessung schließlich in Betrieb genommen, damit wurden auch die Verschiebungen abgefangen. In den kommenden Jahren nun wurden nach und nach die älteren Anlagen außer Betrieb genommen, sodass – Stand heute – nur noch 13 Windenergieanlagen mit knapp 22 Megawatt Leistung in Betrieb sind, von denen allerdings fünf bereits in der sonstigen Direktvermarktung sind und bald repowert werden sollen. Ein Schicksal, das auch bis auf zwei Anlagen den übrigen Betreibern droht.
Mit diesen Veränderungen am Umspannwerk Kehr I/II hat der Umspannwerkbetreiber jedoch auch eine neue Phase in der Eifel eingeläutet. Nach längeren Vorbereitungen wurde im Jahr 2024 das Umspannwerk Kehr III mit einer Kapazität von 50 Megawatt Anschlussleistung in Betrieb genommen. Vier Windparks werden bis Ende 2027 den Betrieb aufgenommen haben. In Planung ist zudem auch hier, wie an anderen Standorten, eine Überbauung des Umspannwerks zuzulassen, um eine möglichst kostengünstige Infrastruktur stellen zu können. Sollte es deshalb zu Abregelungen kommen, arrangieren das die Betreiber untereinander. Ob und in welchem Umfang hier zudem Solarkraftwerke zugebaut werden, ist offen. Allerdings spricht einiges dafür, dass dies die Zukunft sein wird.
Mittlerweile haben auch die Umbauarbeiten am Umspannwerk Kehr I begonnen. Die angeschlossenen Windparks sind sämtlich außer Betrieb genommen worden. Für neu errichtete Windparks wird derzeit das Umspannwerk technisch und regulatorisch auf den neuesten Stand gebracht.
Ein vergleichbares Projekt hat die REZ nunmehr am Standort Lübben eng begleitet. Dort wurde ein Trafo mit einer Leistung von 40 MVA durch einen Trafo mit einer Leistung von 63 MVA ersetzt. Bislang waren am Umspannwerk 19 Vestas V90 mit einer Gesamtleistung von 38 Megawatt angeschlossen. Bereits in Betrieb genommen wurden zwei weitere Vestas-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 8,4 Megawatt. Zwei Anlagen mit einer Gesamtleistung von 13,2 Megawatt sollen Ende 2026 oder 2027 hinzukommen. Die REZ war neben der Begleitung der technischen Umsetzung vor Ort vor allem auch bei der Konzipierung des Projektes und der vertraglichen Umsetzung gefordert. Mittlerweile wurde das Messkonzept auch vom Netzbetreiber umgesetzt. Nach turbulenten Wochen greifen nun auch hier in Lübben ein wenig die Mühen der Ebene. Aber auch hier gibt es noch genug zu tun.