NOTES #9
Geldsegen für die Gemeinden?
Mit dem EEG 2023 hat der Gesetzgeber auch für Bestandswindparks die Möglichkeit eingeführt, Geld an die Gemeinden im Umkreis der Parks auszuschütten. Das ist zwar aufwendig, aber wenigstens den Förderbetrag bekommen die Betreiber im Folgejahr zurückerstattet. Allerdings gibt’s auch hier Regeln.
Zahlreiche Gemeinden haben, nachdem sie von der Möglichkeit erfuhren, Schreiben an die Windparks in ihrer Umgebung verschickt und um Zuwendungen nach § 6 EEG geworben. Das Prinzip ist attraktiv, da es für die Windparks weitgehend ein Nullsummenspiel sein soll, obwohl einige Kosten für die Aufteilung und Abrechnungen anfallen. Ganz ohne Zuschuss funktioniert das System nicht.
Eine gute Idee?
Bedient werden können alle Gemeinden oder Landkreise, die sich in einem Umkreis von 2.500 Metern vom Mittelpunkt der jeweiligen Windenergieanlage befinden. Sind mehrere Gemeinden in diesem Umkreis, wird der Anspruch nach Flächenanteil aufgeteilt. Die Windparks sind nicht verpflichtet, den Gemeinden ein Angebot zu machen, haben aber die Wahlfreiheit. Wenn sie ein Angebot machen, dann an alle betroffenen Gemeinden.
Die Beteiligung beträgt maximal 0,2 Cent pro eingespeister Kilowattstunde (2 Euro pro MWh); fiktive Mengen können bei der Berechnung berücksichtigt werden. Die Regelung gilt für Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 1 MW (bei Anlagen mit Zuschlag zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 31. Dezember 2022 ab 750 kW).
Das Ganze ist als Umverteilung zulasten der Stromverbraucher gestaltet: Die Betreiber können sich den Beteiligungsbetrag im Jahr nach der Auskehrung im Rahmen der Jahresmeldung von den Übertragungsnetzbetreibern zurückerstatten lassen. Die Beteiligung muss aber zwischen Betreiber und betroffenen Gemeinden vertraglich vereinbart werden. Der Vertrag sollte auch künftige Änderungen der Beteiligungsquote durch Änderungen im Gemeindegebiet regeln.
So weit, so gut, das Ganze hört sich nach einer guten Idee an, mit der die Erneuerbaren den Gemeinden Geld zukommen lassen können.
Aber aufpassen!
Bei der Umsetzung der Beteiligung sind einige Vorgaben zu beachten. Die Regelung ist anlagenbezogen, die Einspeisung und auch die fiktiven Mengen lassen sich in der Regel aber nur gesellschaftsbezogen ermitteln (fragen Sie Ihren Netzbetreiber des Vertrauens). Um diesen Widerspruch zu beseitigen, wird empfohlen, die Mengen analog zum EEG nach Referenzertrag oder Standortertrag zu ermitteln. Mengen, die in Poolverträgen ausgeglichen worden sind, sollten unberücksichtigt bleiben. Auch warnen Juristen vor einer quotalen Aufteilung nach Anlagenzähler. Aber warnen ist deren Job.
Die Erstattung der Beteiligung ist nicht bedingungslos, soll heißen, es besteht ein Risiko für die Windparks, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Die Erstattung ist nämlich an die Auszahlung der Marktprämie gebunden. Für Monate oder neuerdings auch Jahre, in denen keine Marktprämie vom Netzbetreiber ausgekehrt wird, entfällt auch die Erstattung. Wir empfehlen daher, die Auszahlung der Beteiligung vertraglich an die Auszahlung der Marktprämie zu koppeln. Das bedeutet für Bestandswindparks, dass sie monatlich abrechnen können. Neue Windparks, bei denen der Jahresmarktwert für die Berechnung der Marktprämie greift, müssen allerdings – wenn sie die Kosten nicht selbst tragen wollen – auf einer Jahresabrechnung bestehen. Ergänzend kann auch vereinbart werden, dass ab bestimmten Vergütungshöhen (etwa bei Marktwerten deutlich über dem anzulegenden Wert) die Beteiligung ausgezahlt wird, auch wenn sich der Betreiber diese Auszahlung nicht erstatten lassen kann.
Welchen Zeitraum hätten’s denn gern?
Der von der Fachagentur Wind vorgeschlagene (aber rechtlich nicht bindende) Abrechnungszeitraum (1. Dezember bis 30. November) ist damit eigentlich vom Tisch. Der hatte den Vorteil, dass die Betreiber die Erstattung bereits im Februar des Folgejahres mit der Jahresmeldung beim Netzbetreiber anmelden konnten, vorausgesetzt, die Zahlung ist im Dezember geleistet worden. Bindet man die Abrechnung ans Kalenderjahr, muss man gegebenenfalls ein Jahr auf die Erstattung warten.Der Jahresmarktwert zwingt die Betreiber aber dazu. Die Zahlung im Dezember hat zudem einen großen Nachteil: Der Dezember ist für Betreiber wie für Betriebsführer traditionell sehr arbeitsintensiv, zumal Urlaubs- und Krankheitstage den Arbeitsanfall für verbleibende Mitarbeitende zusätzlich erhöhen. Wollen Betreiber auf die Gutschriften aus November warten, haben sie möglicherweise nur wenige Tage für Abrechnung und Auszahlung.
Es empfiehlt sich bei Bestandswindparks stattdessen, die Zahlung auf Monats- oder Quartalsbasis vorzunehmen. Dann sind die Beträge relativ klein, die aus dem Budget vorgestreckt werden müssen, und die Wartezeit auf die Erstattung so kurz wie möglich. Wichtig aber: keine Zahlung für Zeiträume vor dem 1. Januar 2023, da die Regelung erst ab dann greift. Außerdem sollte der Vertrag regeln, dass die Zahlung nach § 6 EEG wegfällt, sobald die gesetzliche Regelung kassiert wird.
Das Gesetz formuliert folgendermaßen:
§ 6 Finanzielle Beteiligung der Kommunen am Ausbau
(1) Anlagenbetreiber sollen Gemeinden, die von der Errichtung ihrer Anlage betroffen sind, finanziell beteiligen. Zu diesem Zweck dürfen folgende Anlagenbetreiber den Gemeinden, die von der Errichtung ihrer Anlage betroffen sind, Beträge durch einseitige Zuwendungen ohne Gegenleistung anbieten: 1. Betreiber von Windenergieanlagen an Land nach Maßgabe von Absatz 2 […]
(2) Bei Windenergieanlagen an Land dürfen den betroffenen Gemeinden Beträge von insgesamt 0,2 Cent pro Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge und für die fiktive Strommenge nach Nummer 7.2 der Anlage 2 angeboten werden, wenn die Anlage eine installierte Leistung von mehr als 1.000 Kilowatt hat. Als betroffen gelten Gemeinden, deren Gemeindegebiet sich zumindest teilweise innerhalb eines um die Windenergieanlage gelegenen Umkreises von 2.500 Metern um die Turmmitte der Windenergieanlage befindet. Befinden sich in diesem Umkreis Gebiete, die keiner Gemeinde zugehörig sind (gemeindefreie Gebiete), gilt für diese Gebiete der nach Landesrecht jeweils zuständige Landkreis als betroffen. Sind mehrere Gemeinden oder Landkreise betroffen, müssen die Anlagenbetreiber, wenn sie sich für Zahlungen nach Absatz 1 entscheiden, allen betroffenen Gemeinden oder Landkreisen eine Zahlung anbieten. Im Fall des Satzes 4 ist die Höhe der angebotenen Zahlung pro Gemeinde oder Landkreis anhand des Anteils ihres jeweiligen Gemeindegebiets oder des jeweiligen gemeindefreien Gebiets an der Fläche des Umkreises der Anlage im Bundesgebiet aufzuteilen, so dass insgesamt höchstens der Betrag nach Satz 1 angeboten wird. Lehnen eine oder mehrere Gemeinden oder Landkreise eine Zahlung ab, kann der auf die ablehnenden Gemeinden oder Landkreise entfallende Betrag auf die Gemeinden oder Landkreise verteilt werden, die einer Zahlung zugestimmt haben. Im Fall des Satzes 6 erfolgt die Aufteilung des Betrags auf die Gemeinden oder Landkreise, die einer Zahlung zugestimmt haben, anhand des Verhältnisses der Anteile der Gemeindegebiete oder gemeindefreien Gebiete an der Gesamtfläche des Umkreises im Bundesgebiet zueinander. […]
(4) Vereinbarungen über Zuwendungen nach diesem Paragrafen bedürfen der Schriftform und dürfen bereits geschlossen werden vor der Genehmigung der Windenergieanlage nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz […]
(5) Für die tatsächlich eingespeiste Strommenge und für die fiktive Strommenge nach Nummer 7.2 der Anlage 2, für die Betreiber von Windenergieanlagen an Land oder Freiflächenanlagen eine finanzielle Förderung nach diesem Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung in Anspruch genommen haben und für die sie Zahlungen nach diesem Paragrafen an die Gemeinden oder Landkreise geleistet haben, können sie die Erstattung dieses im Vorjahr an die Gemeinden oder Landkreise geleisteten Betrages im Rahmen der Endabrechnung vom Netzbetreiber verlangen.