NOTES #6

Power to the people

Der Hype um die Fridays for Future scheint vorbei, jetzt beginnen die Mühen der Ebene.

Wie hier in Hamburg gingen in mehr als 270 deutschen Städten Tausende für den Klimaschutz auf die Straße.
Foto: Jörg Weusthoff

Für jede Bewegung beginnt irgendwann die Zeit, in der es darum geht, aus dem Zorn, der Begeisterung und der Überzeugung der Anfangszeit eine dauerhafte politische Kraft zu schaffen. Das ist nicht einfach, und geht nicht ohne Widersprüche und Kompromisse ab, wie man an der Entfremdung zwischen den Fridays und den Grünen sehen kann. Die einen regieren – und das in schlimmen Zeiten –, die anderen wollen die Welt retten. Damit wollen die einen zu viel und die anderen zu wenig, es geht den einen zu schnell, den anderen zu langsam.

Aber die Fridays hören nicht auf, sie sollen auch nicht: Die Unverblümtheit, mit der sie Politik und Gesellschaft vor sich hertreiben, ist notwendig, um Veränderungen auf den Weg bringen zu können. Wie es auch Umsicht und Kompromissbereitschaft braucht, diese Veränderungen Wirklichkeit werden zu lassen.

Am 23. September 2022 haben die Fridays in vielen deutschen Städten demonstriert (hier ein Foto aus Hamburg). 30.000 Teilnehmer sollen es in Berlin gewesen sein. Es sind keine Hunderttausende mehr, wie zum Höhepunkt der Faszination der Bewegung, aber sie haben die Chance, eine relevante politische Macht zu werden. Allein mit dem Vorschlag, ein Sondervermögen für die Klimapolitik zur Verfügung zu stellen – analog zum Sondervermögen der Bundeswehr, das mit einem Mal salonfähig geworden ist –, haben sie gezeigt, dass sie mehr können als nur wütende junge Masse. Sie können auch Politik, was bekanntlich mit dem Bohren dicker Bretter zu tun hat.