NOTES #9

Unendliche Geschichte – das Schlusskapitel

Es war eine der großen Initiativen der schwarz-roten Regierung, um die Akzeptanz der Windenergie in der Bevölkerung zu erhöhen: die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung (BNK). Nun stehen die meisten Altprojekte vor dem Abschluss – vier Jahre nach dem ursprünglich geplanten Termin.

Die BNK-Initiative der Bundesregierung war ein ambitioniertes Unterfangen. Statt des teilweise unkoordinierten Dauerblinkens sollten die Nachtkennzeichnungen, vulgo roten Lampen, der Windparks künftig nur noch dann leuchten, wenn sich in der Tat ein Flugkörper nähert. Und dabei sollten Vögel noch von Fluggeräten unterschieden werden. Bis Mitte 2020 sollten die Anlagen installiert sein, war das Ziel, als die gesetzlichen Vorschriften auf den Weg gebracht wurden.

Probleme gab’s zuhauf, oder sagen wir Anforderungen? Bei knapp 29.000 Anlagen Ende 2020 war mit einer schnellen Umsetzung nicht zu rechnen, auch wenn zahlreiche Altanlagen überhaupt nicht unter die neue gesetzliche Regelung fielen. Immerhin waren die neuen BNK-Steuerungen in die vorhandene Anlagenarchitektur zu implementieren, durch neue Hardware und neue Programmierungen. Außerdem war zum Zeitpunkt, zu dem das Gesetz gemacht wurde, die technische Umsetzung noch nicht geklärt. Es lagen drei Konzepte vor, Aktiv- und Passivradar- sowie Transpondersysteme.

Durchgesetzt haben sich schließlich Transpondersysteme. Auch Unternehmen, die zuvor Aktivradarsysteme bevorzugt hatten, schwenkten auf das neue Konzept um, für das Flugkörper lediglich verpflichtend einen Transponder an Bord haben müssen, der von einer Antenne im Park erkannt und ausgewertet werden muss. Das ermöglicht es sogar, sicherheitsrelevante Flüge, seinerzeit der Kanzlerin, heute des Kanzlers, von solchen Maßnahmen auszunehmen.

Fraglich war um 2020 aber auch, wer überhaupt in der Lage sein würde, die Anlagen kurzfristig auf BNK umzurüsten und die Komponenten und Programmierdienstleistungen zu liefern. Mit anderen Worten: Massenhaft Kunden drohten mit Aufträgen. Aber wo waren die Lieferanten? Soll heißen, auch die Lieferstrukturen und Produktionskapazitäten mussten erst mühsam aufgebaut werden, um die Projekte umzusetzen.

Mittlerweile sind die von der REZ betreuten Anlagen flächendeckend mit BNK-Systemen ausgerüstet – seit dem Sommer 2024! 160 Anlagen betreut die REZ heute, davon ein Großteil aus dem Bestand, der mühsam umgerüstet werden musste. Mehr als vier Jahre sind vergangen, bis die Windparks ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen konnten. Industrieschelte? Desaster der Politik? Wer das daraus lesen will, den kann man daran nicht hindern. Aber wenn es in der Windbranche etwas zu lernen gibt, dann, dass es hohe Anforderungen und knappe Zeitfenster geben muss, damit die Ziele auch erreicht werden. Und wenn dann Industrie und Betreiber mehr Zeit brauchen, dann sollen sie sie auch bekommen. Aber eben nicht auf erste Anforderung.

Immerhin ist jetzt gewährleistet, dass die Nachtkennzeichnungen von Windparks nicht nur miteinander koordiniert werden, sondern auch nur dann leuchten, wenn sie gebraucht werden. Ob das Ziel dieser Aktion erreicht wird, die Akzeptanz der Erneuerbaren bei den Anrainern zu verbessern, bleibt vorerst freilich offen. Aber darauf kommt es gegebenenfalls nicht einmal an. Denn auch Gegner der Erneuerbaren haben das Recht, dass die Beeinträchtigungen durch Windparks möglichst gering bleiben.